FAKTEN
Präimplantationsdiagnostik ist immer selektiv
Die Präimplantationsdiagnostik PID – engl.: preimplantation genetic diagnosis, (PGD) – ist ein Überbegriff für eine Reihe von Verfahren, die eine Untersuchung von im Labor erzeugten Embryonen noch vor ihrer Übertragung in den Uterus einer Frau ermöglichen. Die im Rahmen künstlicher Befruchtungen gezeugten Embryonen können dabei sowohl auf nicht erwünschte Merkmale wie Chromosomenanomalien und krankheitsrelevante Mutationen als auch auf erwünschte Merkmale wie ein bestimmtes Geschlecht oder die Eignung als Organ- und Gewebespender für einen anderen Menschen hin untersucht werden. Dabei werden dem mehrere Tage alten Embryo meist während des so genannten 8-Zell-Stadiums ein bis zwei Zellen entnommen. Ziel der Untersuchung ist es, entweder diejenigen Embryonen auszusondern, die unerwünschte Merkmale besitzen oder aber diejenigen zu selektieren, die erwünschte Merkmale besitzen. Das erste Kind, an dem eine Präimplantationsdiagnostik im Embryonalstadium durchgeführt wurde, kam 1990 in den USA zur Welt.
Seit dem Jahr 1997 wurden weltweit 161.644 menschliche Embryonen mit Methoden der künstlichen Befruchtungen im Labor erzeugt. 112.867 von ihnen wurden einer Präimplantationsdiagnostik (PID) unterzogen. Von diesen wiederum wurden lediglich 28.761 einer Frau zur Herbeiführung einer Schwangerschaft übertragen. Tatsächlich schwanger wurden jedoch nur 4.874 Frauen. Und nur in 3.929 Fällen endeten diese Schwangerschaften auch mit der Geburt eines oder mehrerer Kinder.
(Quelle: European Society for Human Reproduction, ESHRE Data Collection IX aus 57 PID-Zentren. In: Human Reproduction 2009; Vol. 24. Nr. 8, S. 1786-1810.)
PID garantiert keine gesunden Kinder und sondert gesunde Kinder aus
Die Präimplantationsdiagnostik bietet keine Sicherheit, auch tatsächlich ein gesundes Kind zu bekommen. Ein Grund: So weisen zum Beispiel frühe Embryonen oftmals nur in einigen Zellen eine unnormale Verteilung der Chromosomen auf (Mosaikbildung). Die Folge: Wird für die Untersuchung eine gesunde Zelle verwandt, können Chromosomenanomalien unentdeckt bleiben. Reproduktionsmediziner raten daher dazu, das Ergebnis der PID durch eine Pränatale Diagnostik nach der Implantation des selektierten Embryos zu überprüfen. Umgekehrt gilt: Wird für die Durchführung einer PID eine anormale Zelle verwandt, bedeutet dies nicht, dass der Embryo, dem diese Zelle entnommen wurde, notwendig mit einer genetischen Beeinträchtigung geboren würde. Der Grund hier: Frühe Embryonen können abnormale Zellen absondern und verfügen damit bis zu einem gewissen Grad über die Fähigkeit zur Selbstheilung. Präimplantationsdiagnostiken, die an zwei Zellen statt nur an einer durchgeführt werden, können daher auch widersprüchliche Ergebnisse aufweisen. Um Analysefehler so gering wie möglich zu halten, werden die Embryonen, von denen diese Zellen stammen, in der Praxis „vorsorglich“ ausgesondert.
Ein Staat, der die PID erlaubt, diskriminiert Menschen mit Behinderungen
Dass sich Eltern möglichst gesunde Kinder wünschen ist normal und keinesfalls kritikwürdig. Der Wunsch nach einem gesunden Kind diskriminiert auch keine Menschen mit Behinderungen. Anders verhält es sich jedoch, wenn ein Staat Eltern erlaubt, sich den Wunsch nach einem gesunden Kind mittels eines Verfahrens zu erfüllen, dessen explizites Ziel es ist, Menschen mit Behinderungen zu selektieren. Dies muss als abwertendes Urteil gegenüber Menschen mit Behinderungen und damit als Diskriminierung verstanden werden.
PID erhöht nicht die Chance, mittels künstlicher Befruchtung schwanger zu werden
Laut einer Studie der „European Society of Human Reproduktion“ aus dem Jahr 2001 wurden nur 14 Prozent der Paare, die sich einer künstlichen Befruchtung samt PID unterzogen auch Eltern. Da die so genannte „baby-take-home“-Rate – je nach der bei der künstlichen Befruchtung angewandten Methode – bei 13 bis 15 Prozent liegt, erhöht eine Durchführung der PID nicht die Möglichkeit von Frauen, die sich einer künstlichen Befruchtung unterziehen, auch tatsächlich schwanger zu werden.
Präimplantationsdiagnostik lässt sich nicht begrenzen
In keinem der Länder, in denen die Präimplantationsdiagnostik bislang legalisiert wurde, blieb sie darauf beschränkt, schwerwiegende, zum Tod des Kindes führende Krankheiten zu diagnostizieren. Allein in den USA bieten heute rund 65 Prozent der Fortpflanzungskliniken die PID auch zur Geschlechtsselektion (social sexing) an. In Großbritannien werden mittels PID Embryonen selektiert, die als Gewebespender für kranke Geschwisterkinder fungieren sollen (Designer-Babys). Gefahndet wird auch nach Anlagen für spät manifestierende Krankheiten, die entweder erst in späteren Lebensjahren oder aber überhaupt nicht auftreten. In der multinationalen Vergleichsstudie „Sachstandsbericht Präimplantationsdiagnostik“ aus dem Jahr 2004 kommt das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) zu dem Ergebnis: Eine Ausweitung der PID lasse sich nur durch „ein generelles Verbot“ verhindern. Dagegen biete eine „begrenzte Zulassung“ allenfalls „eine gewisse Gewähr“ dafür, „dass Ansprüche auf eine Erweiterung des Indikationsspektrums sich nicht stillschweigend durchsetzen, sondern gesellschaftlich diskutiert werden müssen.“